top of page
Pencak Silat Anfang

Pencak Silat

Pencak Silat ist eine ursprünglich malaiische Kampfkunst, die heute nicht nur in Indonesien und Malaysia sondern auch in Singapur, Thailand, Brunei und den Philippinen zu finden ist. Nach Angaben der Indonesischen Pencak Silat Vereinigung (Ikatan Pencak Silat Indonesia, IPSI) existieren über 300 verschiedene Stilrichtungen (aliran) allein in Indonesien.

IPSI vereint als Dachverband über 800 verschiedene Pencak Silat Schulen (perguruan).

​

Die Wurzeln des Pencak Silat gehen auf die frühen hindu-buddhistischen Großreiche des insularen Südostasiens zurück.

Die Islamisierung des heutigen Indonesiens hat Pencak Silat und insbesondere dessen mystisch-spirituelle Komponente

geprägt. In über 300 Jahren Kolonialherrschaft der Niederländer, im Unabhängigkeitskampf und in Nationalisierungs-prozessen hat Pencak Silat sich zur charakteristischen Kampfkunst und zum Nationalsport Indonesiens entwickelt.

Die Ära Javanischer hindu-buddhistischer Königreiche war feudal organisiert, mit einer stark hierarchischen Struktur, an deren Spitze mächtige Könige standen - umgeben von Aristokraten, die entweder aus der Brahmanen-Kaste stammten oder aus der Krieger-Kaste. Die Brahmanen kontrollierten religiöse Bereiche, inklusive der Legitimation des Herrschers. Krieger hatten politische Macht, inklusive militärischer Verfügungsgewalt. Und nur dieser elitären Gruppe war es erlaubt, Pencak Silat zu erlernen und zu trainieren. Je höher die Position war, desto größer war auch das Wissen im Bereich der „Selbstverteidigung“. Um den elitären Charakter hervorzuheben, wurde der Öffentlichkeit kein Zugang zu Pencak Silat - Trainingsstätten gewährt. Kampfkunst sollte nur innerhalb des keraton (Königspalast) praktiziert werden oder in einem mandala (Tempel), wo nach hindu-buddhistischer Tradition Mönche und Brahmanen ihre Schüler und potentielle religiöse Führer unterrichteten.

[Die Tradition, Kampfkunst innerhalb eines Tempels zu unterrichten ist keinesfalls typisch indonesisch, sondern existiert beispielsweise auch in China und Indien - und verdeutlicht die wesentliche Verknüpfung von Spiritualität und Kampfkunst. Der Shaolin Tempel in Süd-China, der von Bodhidarma im 5. Jahrhundert gegründet wurde, ist weltbekannt für seine außergewöhnlich starken Mönche und deren Kampfkünste.]

Ab dem 15. Jahrhundert besuchten immer mehr arabische Händler Indonesien; die Konvertierung zum Islam begann. Hinduismus und Buddhismus überlebten (bis dato) nur in Minderheiten, z.B. auf Bali und Lombok, wo sich eine indigene, mehrheitlich hinduistisch geprägte Mischkultur herausbildete. 1487 umfuhr der Portugiese Bartolomeu Diaz erstmals das „Kap der Guten Hoffnung” und bereitete damit die Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama vor.

In der Folge stießen die Europäer in den indonesischen Raum vor, um den bislang von Orientalen betriebenen Gewürzhandel zu übernehmen. Nach fast 100-jähriger portugiesischer Dominanz setzten sich um 1600 die Niederländer als Kolonial-herren durch. Als Niederländisch-Ostindien war Indonesien eine der ersten holländischen Kolonien. Ab dem Jahr 1908 dehnten die Niederlande, von Java ausgehend, ihren Machtbereich auf den gesamten indonesischen Archipel aus. Lediglich die Provinz Aceh im Norden Sumatras vermochte zu widerstehen, wurde aber nach einem über dreißigjährigen Krieg letzlich ebenfalls unterworfen. Im Frühjahr 1942 begann die japanische Armee Niederländisch-Indien zu besetzen.

Im März 1942 kapitulierten die Niederländer. Die fast 350-jährige Zeit ihrer Kolonialherrschaft war vorüber. Noch unter japanischer Besatzung erklärte sich Indonesien im März 1943 von den Niederlanden unabhängig. Die Herrschaft der Japaner endete am 15. August 1945 mit deren Kapitulation. Am 17. August 1945 riefen Sukarno und Hatta die Unabhängigkeit Indonesiens aus.

Mit dem Niedergang von Majapahit (Java, 13. und 14. Jh.) und der fortschreitenden Islamisierung veränderten sich auch die Bedeutung und Funktion von Pencak Silat grundlegend. Kampfkunst wurde zu einer Form von humanistischer Erziehung, somit teilweise der Öffentlichkeit zugängig gemacht, und der spirituelle Aspekt trat in den Vordergrund. Im keraton wurde die Verbindung zu kosmologischen Konzepten von der „Einheit zwischen Mensch und Gott“ (manunggaling kawula Gusti) betont und mystisch-spirituelle Lehre (ilmu batin) forciert. Auch Rangniedere und Bedienstete im Königspalast wurden darin unterrichtet. Von Sumatra ausgehend kamen ab dem 15. Jahrhundert mit dem Islam und arabischen Kulturgütern auch Einflüsse fremder Kampfkünste nach Indonesien. Religiöse Gelehrte (kiai) wurden von der Lokalbevölkerung nicht zuletzt wegen ihrer Geisteskraft (kanuragan) bzw. Innen-Energie (tenaga dalam) als heilig akzeptiert. Beide Bereiche sind heute wichtiger Bestandteil der Ausbildung in vielen Pencak Silat Schulen.

Warriors of Majapahit (~ 1300-1500)

Der keraton - Sultanspalast in Yogyakarta (Zentral-Java)

​

Mit der Unabhängigkeit Indonesiens von Holland und der Staatsgründung 1945 (/1949) entwickelte sich Pencak Silat zum Nationalsport Indonesiens. Ein festes Regelwerk wurde eingeführt, das ein Messen kämpferischer Fähigkeiten ermöglichte, dabei die körperliche Unversehrtheit der Athleten*Innen gewährleistete, sowie charakteristische Eigenschaften im Vergleich zu anderen Kampfkünsten und Kampfsportarten betonte. Gekämpft wird auf einer kreisrunden (Matten-)Fläche, 3 Runden zu je 2 Minuten, mit Schutzwesten (Oberkörperschutz) und teils auch mit Schienbeinschutz. Schläge und Tritte zum Kopf sind verboten. Gezählt werden Treffer (Faustschläge und Tritte) zum Oberkörper, sowie insbesondere Manöver die den Gegner   zu Fall bringen (durch Silat-eigene Fege- und Wurftechniken). Es dürfen maximal 5 Techniken in Folge ausgeführt werden; zuvor und dazwischen müssen obligatorisch sog. "kembangan" durchgeführt werden, d.h. stilisierte Techniken und Posen, die Ästhetik und Kunstfertigkeit betonen.

Pencak Silat hat sich als Wettkampfsport mittlerweile auch international etabliert. Bei den 16. World Pencak Silat Champion- ships in Phuket (Thailand) 2015 traten Athleten*Innen aus über 20 Nationen gegeneinander an. Auch in Deutschland wird Pencak Silat als Wettkampfsport seit geraumer Zeit praktiziert und ist durch die Pencak Silat Union Deutschland (PSUD) institutionalisiert. Da mein persönlicher Schwerpunkt im Pencak Silat weniger auf sportlichem Wettkampf liegt, verweise ich hier auf die ausgeprägte Expertise der PSUD.

​

​

​

​

​

​

​

​

​

​

 

   Pencak Silat bei den Asian Beach Games        Mit Björn Danziger von der PSUD bei den

                 2008 in Badung, Bali                          World Championships 2015 in Phuket

           Logo der PSUD

(mit Link zur offiziellen Website)

Im Rahmen mehrjähriger Aufenthalte in Indonesien hatte ich die Chance, in verschiedenen Pencak Silat Schulen ausgebildet zu werden. Jeweilige Ausbildungsinhalte und -schwerpunkte, Erfahrungen und Impressionen finden sich im Folgenden.

Pencak Silat Schulen
bottom of page