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Bruce Lee: TAO OF JEET KUNE DO
Linda Lee, 1975 / Fifty-Fourth Printing (2004)
“There is no fixed teaching. All I can provide is an appropriate medicine for a particular ailment.” schreibt Bruce Lee in seinem “Tao of Jeet Kune Do” - ergänzt diese Aussage aber mit „Buddhism’s Eight-Fold Path“ – The eight requirements to eliminate suffering by correcting false values and giving true knowledge of life’s meaning (…)”:
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Right views (understanding): You must see clearly what is wrong.
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Right purpose (aspiration): Decide to be cured.
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Right speech: Speak so as to aim at being cured.
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Right conduct: You must act.
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Right vocation: Your livelihood must not conflict with your therapy.
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Right effort: The therapy must go forward at the “staying speed” - the critical velocity that can be sustained.
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Right awareness (mind control): You must feel it and think about it incessantly.
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Right concentration (meditation): Learn how to contemplate with the deep mind.
Bruce Lee ist ein Mthos, eine Legende, ein Idol und Ausnahmetalent. Lang und breit lässt sich darüber diskutieren, ob er mehr Schauspieler oder mehr Kampfkünstler war, ob er wirklich ein guter Kämpfer war oder mehr Stuntman und Showman. Zweifellos hat er wie kaum ein Anderer bisher das allgemeine Verständnis, das Image von Kampfkunst geprägt und popularisiert. Zweifellos hat er Unglaubliches geleistet, durch hartes Training und passioniertes Streben die Entwicklung der Kampfkünste maßgeblich beeinflusst, alte Strukturen aufgebrochen und den Weg geebnet für neue Weisen, die heute alle Bereiche der Kampfkunst durchdringen - vom modernen Wettkampfsport bis zu Selbstverteidigung und spirituellen Ansinnen. Seine Grundidee will er in „Tao of Jeet Kune Do“ vermitteln: Der passionierte Kampfkünstler soll das aufnehmen, was er für brauchbar erachtet und alles andere verwerfen; und genau das soll und kann er sofort anwenden. Der Leser findet Techniken, Kombinationen, Taktik und Strategie sowie eine Fülle philosophischer Überlegungen, Gedichte und Notizen und kann so aus dem Fundus des großen Bruce Lee auswählen, der in aller Bescheidenheit sein Vermächtnis offenlegt (mit Hilfe seiner Frau Linda).
Meiner Ansicht nach eine absolute Pflichtlektüre für jeden ambitionierten Kampfkünstler und Inspiration für Jeden, der ein Kämpferherz in sich trägt.(P.K.)
Carlos Castaneda: DIE LEHREN DES DON JUAN - EIN YAQUI-WEG DES WISSENS
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1973 (33. Aufl., 2002)
"Wenn ein Mann einmal die Furcht überwunden hat, ist er für den Rest seines Lebens frei von ihr, weil er statt der Furcht Klarheit gewonnen hat – eine Klarheit der Gedanken, die die Furcht auslöscht. Aber dann kennt ein Mann seine Wünsche: er weiß sie zu befriedigen. Er kann die neuen Schritte des Lernens voraussehen, und alles ist von deutlicher Klarheit umgeben. Der Mann fühlt, dass nichts verborgen ist. Und so hat er seinen zweiten Feind getroffen: die Klarheit! Diese Klarheit der Gedanken, die so schwierig zu erlangen ist, vertreibt die Furcht, aber sie macht auch blind. Sie zwingt den Mann, sich niemals selbst anzuzweifeln."
„Dieses Buch ist Ethnographie und Allegorie zugleich. Carlos Castaneda führt uns unter der Anleitung von Don Juan durch jenen Augenblick des Zwielichts, durch jenen Riß im Universum zwischen Tageslicht und Dunkel in eine Welt, die nicht nur anders als unsere ist, sondern von einer vollkommen verschiedenen Ordnung der Wirklichkeit. (…) Die Anthropologie hat uns gelehrt, daß die Welt an verschiedenen Orten unterschiedlich definiert wird. Es ist nicht nur, daß die Menschen unterschiedliche Gewohnheiten haben, daß sie an verschiedene Götter glauben und an das Leben nach dem Tod unterschiedliche Erwartungen stellen. Vielmehr haben die Welten verschiedener Völker ein unterschiedliches Aussehen. Die metaphysischen Voraussetzungen selbst unterscheiden sich: der Raum fügt sich nicht in die euklidische Geometrie, die Zeit bildet nicht einen ununterbrochenen Fluß in nur eine Richtung, die Ursachen des Geschehens erklären sich nicht aus der Logik des Aristoteles, der Mensch wird nicht vom Nicht-Menschen, das Leben nicht vom Tod unterschieden wie in unserer Welt. Einiges vom Wesen dieser anderen Welten zeigt sich uns in der Logik der dort gesprochenen Sprachen und in den von den Anthropologen aufgezeichneten Mythen und Zeremonien. Don Juan hat uns Einblicke in die Welt eines Yaqui-Zauberers gewährt. (…)
Carlos Castaneda begann seine Gespräche mit Don Juan, als er an der University of California in Los Angeles Anthropologie studierte. Wir sind ihm zu Dank verpflichtet für seine Geduld, seinen Mut und seine Weisheit bei der Suche und Annahme der Herausforderung seiner doppelten Lehre und für die Wiedergabe der Einzelheiten seiner Erlebnisse. In dieser Arbeit zeigt er die wichtigste Fertigkeit der Ethnographie – die Fähigkeit, in eine fremde Welt einzudringen. Ich glaube, er hat einen Weg mit Herz gefunden.“ (Aus dem Vorwort von Walter Goldschmidt)
Den Worten von Walter Goldschmidt ist eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Meiner Ansicht nach sollte dieses Buch (und vielleicht alle Bücher Castanedas) jedoch mit einem Warnhinweis für den potenziellen Leser versehen sein. Dieser sollte in etwa wie folgt lauten: "Warnung! Dieses Buch dringt möglicherweise unbemerkt in Ihr Unterbewusstsein ein und verändert – ob gewünscht oder nicht – Ihre Empfänglichkeit für ungeahnte Kräfte, die im Menschen und seinem Umfeld wirken. Lesen Sie dieses Buch nur, wenn Sie dieses Risiko eingehen möchten." Wer dieser Warnung trotzt, kann Einblicke in Don Juans Lehre, in eine völlig ungeahnte Kognition erhalten; und er kann selbst entscheiden, ob es sich letztlich gelohnt hat, ob es ein Geschenk oder ein Fluch oder einfach völliger Humbug ist. (P.K.)
Carlos Castaneda: DAS WIRKEN DER UNENDLICHKEIT
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 2010
„Dieses Buch ist eine Sammlung der denkwürdigen Ereignisse in meinem Leben. Ich folge mit dieser Zusammenstellung dem Rat von Don Juan Matus - einem Yaqui-Indianer und Schamanen aus Mexiko, der sich dreizehn Jahre lang darum bemüht hat, mir die Erkenntnisse der Schamanen zugänglich zu machen, die in alter Zeit in Mexiko gelebt haben. Don Juan Matus machte mir den Vorschlag zu dieser Sammlung denkwürdiger Ereignisse beiläufig, als sei ihm die Idee dazu gerade erst gekommen. Das war Don Juans Art zu unterrichten. Er verschleierte die Bedeutung bestimmter Pläne mit dem Gewohnten. Auf diese Weise verdeckte er den Schmerz des Endgültigen und stellte es in den Zusammenhang mit den Belangen des Alltags.
Don Juan machte mir im Laufe der Zeit klar, dass die Schamanen im alten Mexiko diese Sammlung denkwürdiger Ereignisse für ein zuverlässiges Mittel hielten, um Energievorräte in Bewegung zu setzen, die im Ich vorhanden sind. Sie erklärten, es handle sich dabei um die Energie, die zum Körper gehört, die aber durch den Alltag verschoben und unserem Zugriff entzogen wird. So gesehen, war die Sammlung denkwürdiger Ereignisse für Don Juan und die Schamanen seiner Tradition ein Mittel, um ihre ungenutzte Energie neu zu verteilen.
Die Voraussetzung für diese Sammlung war der ehrliche und alle Kräfte beanspruchende Vorgang, Gefühle und Erkenntnisse zusammenzustellen, ohne etwas auszusparen. Wie Don Juan erklärte, waren die Schamanen seiner Tradition überzeugt, dass die Sammlung denkwürdiger Ereignisse das für die energetische und emotionale Anpassung notwendige Mittel sei, um wahrnehmungsmäßig in das Unbekannte vorzustoßen.“
Don Juan, ein Indianer und Schamane aus Mexiko, empfiehlt seinem Schüler Carlos Castaneda das Führen eines spirituellen Tagebuchs, in dem er alle „denkwürdigen Ereignisse“ seines Lebens festhalten solle. Mit meinem eigenen Tagebuch kam ich nach und nach dem Sinn dieser Übung langsam nahe und die versteckten Energien, die laut Don Juan dadurch freigegeben werden, habe ich oft sehr deutlich gespürt. Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, um nur „Denkwürdiges“ zu sammeln, muss man erst lernen. Aber es lohnt sich definitiv. Und auch wer nicht unbedingt im Selbstversuch seine Energie umverteilen möchte, findet in „Das Wirken der Unendlichkeit“ inspirierende Beschreibungen erweiterter Wahrnehmung. In jedem Fall bietet dieses Buch zweifellos eine wertvolle Hilfestellung auf der Suche nach einem 'Weg mit Herz'. Es hilft dem Leser dabei, sich selbst besser verstehen zu lernen. Und das kann nur jedem wärmstens empfohlen werden, denn was kann es auf dieser Suche Hilfreicheres geben, als sich selbst verstehen und kennen zu lernen? (P.K.)
Daniel Quinn: ISMAEL
Goldmann Verlag, München, 7. Auflage, 2007
„Lehrer sucht Schüler mit ernsthaftem Verlangen, die Welt zu retten. Persönliche Bewerbung erwünscht." (...)
„Ich wollte keinen Guru oder KungFu-Meister oder geistigen Führer. Ich wollte nicht Zaubern lernen oder die Kunst des Bogenschießens, ich wollte nicht lernen, wie man meditiert, seine Chakras ins Gleichgewicht bringt oder sich an frühere Inkarnationen erinnert. Solche Künste und Disziplinen sind im Grunde egoistisch, ihr Ziel ist der Nutzen des Schülers – nicht der Welt.“
Ich persönlich teile diese Auffassung Quinns nicht. Für mich steht außer Frage, dass die Voraussetzung eines (potenziellen) Welt-Retters das vorherige Retten von sich selbst ist. Aber darüber kann man nachdenken. Zuerst muss ein essenzielles „Warum?“ beantwortet werden, die Frage „Warum muss die Welt denn überhaupt gerettet werden?“ In diesem Fall stimme ich voll und ganz mit Quinn und seinem Lehrer überein. Und ich glaube, dass es bislang wenigen Menschen gelungen ist, die Antwort so prägnant und leicht verständlich zu geben.
Quinn's Antwort auf die Frage, warum die Welt gerettet werden muss, ist: Der Mensch zerstört sie, obwohl er es nicht will und weil er nicht weiß, wie er damit aufhören soll. Und das Hauptproblem besteht darin, dass wir alle Gefangene sind in den Mythen unserer Kultur. Die wenigsten Menschen hinterfragen die grundlegenden Pfeiler unserer menschlichen Lebensweisen. Wer gewillt ist, es doch zu tun, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Quinn beschreibt leicht verständlich die Irrwege der Entwicklung unserer menschlichen Zivilisation. Einen echten Lösungsansatz liefert er meines Erachtens nicht. Aber lehrreich ist sein Werk zweifellos. Sein Lehrer Ismael – übrigens ein Gorilla – gibt ihm zu verstehen, dass das Ziel seines Unterrichts darin besteht, dass sich seine Schüler ebenfalls als Lehrer betätigen und weiteren Menschen seine Lehren nahe bringen. Empfehlenswert insofern also auch für jeden Kampfkünstler, der in sein Streben nach Veränderung das Anleiten anderer miteinbezieht. (P.K.)
Eugen Herrigel: ZEN IN DER KUNST DES BOGENSCHIESSENS
Weller, Konstanz 1948
„Ein großer Meister“, erwiderte er, „muss zugleich ein großer Lehrer sein, dies gehört bei uns ganz selbstverständlich zusammen. Hätte er den Unterricht mit Atemübungen begonnen, so hätte er Sie nie davon zu überzeugen vermocht, dass Sie ihnen Entscheidendes verdanken. Sie mussten erst mit ihren eigenen Versuchen Schiffbruch erleiden, bevor Sie bereit waren, den Rettungsring zu ergreifen, den er ihnen zuwarf. Glauben Sie mir, ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Meister Sie und jeden seiner Schüler besser kennt, als wir uns selbst kennen. Er liest in den Seelen seiner Schüler mehr, als sie wahr haben möchten.“
Eugen Herrigels „Klassiker der Zen-Literatur aus westlicher Sicht“ ist - wie für unzählige Suchende auf dem Geistigen Weg - auch für mich zu einem Wegweiser geworden, und das in doppelter Hinsicht. Zum Einen vermittelt der Autor vortrefflich, was er von seinem japanischen Meister in Bezug auf ein klassisches Meister-Schüler-Verhältnis gelernt hat, welche besondere Art der Beziehung ein solches Verhältnis darstellt, welche Schwierigkeiten und Tücken sich darin verbergen, welche Entwicklungsstadien man als Schüler durchläuft und wie man versuchen kann, damit umzugehen. Persönlich haben mir die Erklärungen Herrigels sehr geholfen, auch wenn ich in beiden Positionen – als westlicher Schüler eines asiatischen Meisters wie auch als Lehrer selbst – nicht behaupten kann, die Schwierigkeiten wirklich erfolgreich gemeistert zu haben. Aber gerade weil ein klassisches Meister-Schüler-Verhältnis in unserem Kulturkreis der heutigen Zeit eine so große Herausforderung darstellt, leistet dieses Werk eine wertvolle Hilfe für jeden der sich mit Autorität, Meisterschaft und Ausbildung beschäftigt. Zum Anderen findet jeder Meditierende, jeder Zen-Praktizierende, letztlich jeder Künstler der nach eigener (innerer) Perfektion strebt, in Herrigels Beschreibungen wertvolle Hilfe im Umgang mit dem eigenen Körper, der eigenen Atmung, der Gedanken- und Gefühlswelt, und dem Zusammenspiel dieser Bereiche. Für Anfänger wie für Erfahrene finden sich wertvolle Anregungen, praktische Übungen, und vor allem auch Bestärkung in der Hingabe an den steinigen Geistigen Weg hin zu sich selbst. (P.K.)
Hermann Hesse: DEMIAN. DIE GESCHICHTE VON EMIL SINCLAIRS JUGEND.
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1974
„Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum war das so sehr schwer?“ (...)
„Jeder Mensch aber ist nicht nur er selber, er ist auch der einmalige, ganz besondere, in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt, wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder. Darum ist jedes Menschen Geschichte wichtig, ewig, göttlich, darum ist jeder Mensch solange er irgend lebt und den Willen der Natur erfüllt, wunderbar und jeder Aufmerksamkeit würdig. In jedem ist der Geist Gestalt geworden, in jedem leidet die Kreatur, in jedem wird ein Erlöser gekreuzigt.“ (...)
„Einen Wissenden darf ich mich nicht nennen. Ich war ein Suchender und bin es noch, aber ich suche nicht mehr auf den Sternen und in den Büchern, ich beginne die Lehren zu hören, die mein Blut in mir rauscht. Meine Geschichte ist nicht angenehm, sie ist nicht süß und harmonisch wie die erfundenen Geschichten, sie schmeckt nach Unsinn und Verwirrung, nach Wahnsinn und Traum wie das Leben aller Menschen, die sich nicht mehr belügen wollen.“
Hesse beschreibt in diesem Werk die Erfahrungen des jungen Emil Sinclairs mit seinem mysteriösen, fast väterlichen Freund, seinem geistigen Mentor und Vorbild: Demian. Durch dessen Verhalten und Gedankenanstöße wird Emil in seinen Grundfesten erschüttert und zu neuen Erkenntnissen, Welt-sichten und Glaubensstrukturen geleitet. Demian stellt für Emil einen Wegweiser dar auf der Reise zu sich selber hin. Der Leser kann diese Reise mit-machen, die einzelnen Entwicklungsschritte nachvollziehen und sich so gut mit der Gefühlswelt des jungen Lernenden identifizieren, dass er selbst zum Lernenden wird.
Jeder Kampfkünstler, der jemals die Ausbildung eines echten Meisters genießen durfte, wird sich in Emil Sinclair selbst erkennen und der Erfahrungen, Verwirrungen, Ängste und Freuden der Erkenntnis bitter-süß erinnern, die er als Schüler machen durfte. Und jeder Suchende, Zweifelnde, Strebende, dem dieses Glück bislang nicht vergönnt war, wird in Demian Antworten auf Fragen finden, die er vielleicht nicht im Traum zu stellen gewagt hätte, die aber doch jeder sich stellen muss, so er denn sich selbst und seinem Wesenskern näher kommen möchte. (P.K.)
Hermann Hesse: SIDDHARTA. EINE INDISCHE DICHTUNG.
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1969
„Wenn jemand sucht, dann geschieht es leicht, daß sein Auge nur noch das Ding sieht, das er sucht, daß er nichts zu finden, nichts in sich einzulassen vermag, weil er nur an das Gesuchte denkt, weil er ein Ziel hat, weil er von seinem Ziel besessen ist. Finden aber heißt: frei sein, offen stehen, kein Ziel haben.“ (...)
„Nein, keine Lehre konnte ein wahrhaft Suchender annehmen, einer, der wahrhaft finden wollte. Der aber, der gefunden hat, der konnte jede, jede Lehre gutheißen, jeden Weg, jedes Ziel, ihn trennte nichts mehr von all den tausend anderen, welche im Ewigen lebten, welche das Göttliche atmeten.“
In ständiger Ambivalenz zwischen Dogmatik und Freigeist, Lehre und Gefühl, Wahrnehmung und den Einflüssen des Gewordenseins kämpft sich der junge Brahmanensohn in einer Welt voller Hedonismus, Abwertung und Ungleichbehandlung hin zu seinem Wesen und somit dem Abbild des Göttlichen um in der Konsequenz genau jene Gegebenheiten zu überwinden um Gott, sich selbst oder wie auch immer man jenes Gefühl in Worte fassen möchte zu begegnen. Ein Leitfaden zum Leben und Sterben für all jene, die die Überheblichkeit des Menschen ahnen und die Einheit des Seins gespürt haben. (C.G.)
Hermann Hesse: DAS GLASPERLENSPIEL
Suhrkamp, Frankfurt a.M. (9. Auflage) 2002
„Dies eigene Gefühl, das er „Erwachen“ nannte, war ihm von den entscheidenden Augenblicken seines Lebens her bekannt, es war ein belebendes und zugleich schmerzliches, eine Mischung von Abschied und Aufbruch, tief im Unbewussten rüttelnd wie Frühlingssturm. Er sah nach der Uhr, in einer Stunde hatte er eine Kurslektion zu halten. Er beschloss, diese Stunde der Einkehr zu widmen, und begab sich in den stillen Magistergarten. Auf dem Weg dahin begleitete ihn eine Verszeile, die ihm plötzlich eingefallen war: Denn jedem Anfang ist ein Zauber eigen ...“ (...)
„Dass das Spiel Gefahren hat, ist gewiss. Eben darum lieben wir es, auf gefahrlose Wege schickt man nur die Schwachen. Du sollst aber nie vergessen, was ich dir so oft gesagt habe: unsere Bestimmung ist, die Gegensätze richtig zu erkennen, erstens nämlich als Gegensätze, dann aber als die Pole einer Einheit. So ist es auch mit dem Glasperlenspiel.“
Hesses letztes großes (und größtes) Werk erzählt die Lebensgeschichte des Josef Knecht, der zum Magister Ludi, zum Glasperlenspielmeister wird. In der von Hesse entworfenen Welt bilden zölibatär lebende Gelehrte einen strengen Orden, der seine Aufgaben sowohl im Bildungssystem sieht als auch in der Perfektion der Wissenschaften und Künste – und insbesondere in der Synthese aus beiden Bereichen, dem Glasperlenspiel. Zudem schottet sich der Orden von der Außenwelt ab, indem er sich nicht (mehr) mit aktuellen praktischen, insbesondere politischen Belangen befasst. Knecht übt sich als gewissenhafter Schüler ehrgeizig in Wissenschaft, Musik, Meditation und im Glasperlenspiel. Er steigt in der Hierarchie des Ordens bis er schließlich eines der höchsten Ämter bekleidet, das des Magister Ludi. Nur, gänzlich von weltlichen und politischen Geschehnissen abwenden kann er selbst sich nicht, auch weil er erkennt, dass der Orden wie das Glasperlenspiel letztlich abhängig sind von äußeren Einflüssen, von der Weltpolitik. Letztlich sieht er sich gezwungen, den Orden zu verlassen und widmet sich vornehmlich der Ausbildung eines jungen Mannes, was sich jedoch als recht schwieriges Unterfangen herausstellt und für Knecht und dessen Geschichte kein allzu gutes Ende nimmt.
Auch das Glasperlenspiel thematisiert also die Beziehung zwischen Meister und Schüler. Viel mehr noch geht es aber um die Lehre selbst, um die Essenz aus Wissenschaft, Kunst, Geschichte und Politik - deren mystische Verbindung im Glasperlenspiel heraufbeschworen, aber dennoch nicht realisiert wird. Oder doch? Das muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. (P.K.)
Klaus und Barbara Moegling: TAI CHI CHUAN FÜR EINSTEIGER
Goldmann Verlag, München 1996
„'Tai Chi' (neue Schreibweise 'taiji') kann mit 'das erhabene Letzte' übersetzt werden und ist ein traditioneller Begriff aus der taoistischen Philosophie. 'Chuan' ('quan') bezieht sich auf die Faust ('mit leeren Händen kämpfen') und verweist auf den Ursprung des Tai Chi Chuan als Selbstverteidigungs-praktik. So will die Kombination der Silben 'Tai Chi' und 'Chuan' auf eine tiefergehende, philosophisch begründete Bewegungstradition verweisen, die zur Selbstverteidigung des Menschen im engeren, aber auch im weiteren Sinne (Gesundheit, Selbsterkenntnis, Befreiung von sozialen Zwängen) angewandt werden kann. Langsame, fließende Bewegungen sind typisch für das Tai Chi Chuan. Die Bewegungen strahlen die gleiche Ruhe aus wie langsam am Himmel vorbeiziehende Wolken, ein träge dahinfließender Fluß.“
Das Autorenpaar bietet mir ihrem Lehrbuch nicht nur eine hervorragende Anleitung für den Einstieg in Tai Chi, mit etlichen Übungen und Erklärungen. Sie teilen ihre langjährige Erfahrung und Beschäftigung mit der traditionellen Bewegungslehre und Philosophie des Tai Chi mit dem Leser und geben sowohl Anfängern tiefe Einblicke, als auch Erfahrenen die Möglichkeit, Wissen und Herangehensweisen zu vergleichen bzw. zu erweitern. Tai Chi im Allgemeinen betreffend und bezüglich einzelner Bewegungsfolgen im Speziellen wird der Bezug zum chinesischen Weltbild erläutert wie auch der Einfluss auf die Gesundheit des Menschen. Beidem liegt eine ganzheitliche Herangehensweise zugrunde; demnach wird letztlich das Zusammenspiel von Körper (Haltung, Muskeln, Sehnen, Herzkreislaufsystem, Atmung, Metabolismus, etc.), Geist und Seele (subjektive Wahrnehmung, Meditation, Transzendenz) und der Umwelt (Natur, Elemente, Gesellschaft, äußere Einflüsse) umfassend beleuchtet. Dieses kleine, wundervolle Lehrbuch macht den Einstieg in die Lehren des Tai Chi Chuan angenehm und verständlich. Es empfiehlt sich für jeden, der Energie-Arbeit am eigenen Körper in seinen Alltag integrieren und so gelassener mit dessen Anforderung umgehen lernen möchte. (P.K.)
Marco De Cesaris: MUAY THAI BORAN - FORTGESCHRITTENE TECHNIKEN
Sportimex J.F. Baer GmbH, 2007
„Die Lehren und die Prinzipien, die von GM [Großmeister] Paosawath dargelegt werden, sind ein Geschenk für die Gemeinde des Muay Thai in der ganzen Welt. Für ihn ist das Muay Thai ein Schatz, der gelehrt und verbreitet werden soll und nicht im Verborgenen bleiben darf. Deswegen hat der Autor dieses Buches entschieden, die Wurzeln dieser Kunst von demjenigen darstellen zu lassen, der sich mit dem gleichen Enthusiasmus an seine westlichen Schüler richtet. (…)
Das letzte Ziel aller Kampfkünste – als solche, die diesen Namen verdienen – liegt darin, bessere Menschen aus uns zu machen. Das Bewußtsein um die eigene Kraft und Stärke sollte uns veranlassen, anderen zu helfen und nicht, um unser Wissen zum Schaden anderer auszunutzen. Wer den Geist seiner Disziplin verrät, wird sich selbst ruinieren.“
Arjan Marco De Cesaris gibt in seinem zweiten Buch – Fortgeschrittene Techniken – tiefe Einblicke in die Kunst des Muay Boran. Mit unzähligen Bildern illustriert, verdeutlicht er anschaulich Trainingsprinzipien, Strategien, unterschiedliche Aspekte und Anwendungsbereiche der traditionellen thailändischen Kampfkunst. Anspruchsvolle Techniken für Angriff und Verteidigung, insbesondere auch mit Knie und Ellbogen (einem Wesens-merkmal des Muay Thai), aber auch Training am schweren Sandsack und mit Thai-Pads ('Paos') oder Anwendungen aus dem 'Muay Ler Dritt' für den (militärischen) Nahkampf werden analysiert und dargestellt. Insgesamt ist dieses Buch empfehlenswert für jeden Schüler des Muay Boran, jeden ernsthaft Muay Thai Praktizierenden und letztlich Jeden, der aufrichtiges Interesse hat am Wesenskern und den ureigenen Techniken der traditionellen Kampfkunst aus Thailand. (P.K.)
O'ong Maryono: PENCAK SILAT IN THE INDONESIAN ARCHIPELAGO
Yayasan Galang, Yogyakarta 2002
„That brings us up to the present day. The lengthy review that has taken us through the era of kings, colonialism, the war of independence, and of its first two presidents has come to an end. But our study of the role of pencak silat in contemporary society has just begun. Many aspects need to be analysed one by one in order to capture the essence of pencak silat. This 'dissection' process will begin in the following chapter, which examines the development of pencak silat as self-defense and sport. (...)
Perguruan Tenaga Dalam [Inner Power Schools] agree that the human beeing possesses potential cores of power that can be nurtured through specific training and techniques, and seek logical argumentation to explain the existence of this extraordinary power. These explanations vary greatly depending on the background of the teacher. If he is a true adherent to religion, he will say that inner force is God's energy. But, if his background is in pure science he will use high-tech terminology.“
O'ong Maryono hat mit seiner Monographie zu Pencak Silat ein einzigartiges Buch erarbeitet, das erstmals den Versuch wagt, alle Aspekte der traditionellen Kampfkunst Indonesiens, seine Funktionen innerhalb der indonesischen Gesellschaft in Vergangenheit und Gegenwart, sowie aktuelle Entwicklungen im nationalen und internationalen Rahmen zu analysieren. Auf seiner Suche nach der Essenz des Pencak Silat zeigt Maryono, welche facettenreiche Vielfalt an Schulen, Stilen und Philosophien innerhalb Indonesiens existiert, und wie die traditionelle Kampfkunst sich in den Bereichen Selbstverteidigung, Wettkampfsport, (Bewegungs-)Kunst und Spiritueller Lehre seit ihren Ursprüngen und seit der Zeit der historischen Großreiche entwickelt hat. Auch den meines Erachtens besonders faszinierenden Bereich Tenaga Dalam (Inner Power) beleuchtet Maryono eingehend und zeigt die unterschiedlichen Ansätze, Praktiken und Fähigkeiten verschiedener Meister auf diesem Gebiet. Somit ist dieses Buch ein Muss für jeden Pencak Silat- und wahrlich Indonesien-Interessierten, aber auch empfehlenswert für Jeden, der sich mit Innen-Energie, Chi, Prana, Inner Power, bzw. eben Tenaga Dalam befassen möchte. (P.K.)
Peter Hahne: SCHLUSS MIT LUSTIG. DAS ENDE DER SPASSGESELLSCHAFT
St.-Johannis-Druckerei, unveränd. Aufl. 2009
„Wenn ich als junger Mann durch die Straßen der Städte ging, da war mir’s als müsste ich all diese dahinhastenden Leute mit ihren stumpfen Gesichtern festhalten und ihnen zuschreien: So bleibt doch stehen und denkt einmal nach und kostet es aus, dieses ungeheure Woher - Wohin - Warum! Ich habe schon sehr früh erkannt, dass der Aufstand gegen Gott die Ursache unseres ganzen Elends ist.“
- So zitiert Peter Hahne eingangs Franz Werfel („Der veruntreute Himmel“ 1939) und ergänzt diese durch passende ähnliche Meinungen:
„Bereits vor 100 Jahren prophezeite der Soziologe Max Weber eine Gesellschaft, die nur noch ein ’seines religiös-ethischen Sinnes entkleidetes Erwerbsstreben’ kennt: ’Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz: Dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben.“
- Hahne ist bemüht, nicht nur auf Probleme innerhalb unserer Gesellschaft hinzuweisen, sondern darüber hinaus mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen:
„Die Pisa-Katastrophe lässt sich mit einem schlichten Rezept bekämpfen, fast ohne Risiko und Nebenwirkungen: Die Autorität der Lehrer und Ausbilder muss wieder hergestellt werden. Und die müssen sich auch wieder als Autoritäten erweisen. (...) Wenn unser Leben und mit ihm unsere ganze Gesellschaft gelingen soll, dann muss unsere Erwartung immer größer sein als unsere Erinnerung, dann muss unsere Hoffnung immer größer sein als unsere Sorge. Der Schriftsteller und Pionier des Journalismus Matthias Claudius hat also Recht: Etwas Festes muss der Mensch haben. Die Höhenflüge seiner Lebensziele kann man nicht auf Sand bauen. Erst recht nicht auf den Sand einer Spaß-, Stimmungs- und Zuschauergesellschaft.“
Ich stimme mit Hahne völlig darin überein, dass uns Autoritäten und Hoffnungsträger fehlen, dass wir gut daran tun würden, uns auf altbewährte Kultur und Werte zu besinnen. Aber wie bitte soll das gehen? Hoffnungsträger werden ja, aber wie? „Schluss mit lustig“ liefert zweifellos einen beachtlichen Beitrag dazu, uns Deutschen klar zu machen, wie viel eigentlich schief läuft in unserem schönen Land und in unserer Gesellschaft. Hahnes Anregungen, wie man den dramatischen Entwicklungen entgegenwirken könnte, fehlt aber meiner bescheidenen Ansicht nach etwas, wofür ich gleichsam manch andere Kritiker kritisieren würde: es fehlt an konkreten aktuell umsetzbaren Lösungsvorschlägen. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ wäre die Lösung schlechthin in einer Zeit in der ’unter uns der Egoismus triumphiert und Werbepsychologen unsere Zeitgenossen als „egoman um sich selbst drehend“ bezeichnen’ wie Hahne schreibt. Was er als „Tanz um’s goldene Selbst“ bezeichnet, ist bezeichnend für alle Probleme unserer Gesellschaft sowie der gesamten Welt. Hahnes Quintessenz „Holt Gott in die Politik zurück!“ kann mich nicht zufriedenstellen. Vielleicht liegt das aber eher an meinem mangelnden Grundvertrauen in die Politik. In jedem Fall regt 'Schluss mit lustig' den Leser zum Nachdenken an und das ist ja die Voraussetzung für Lösungsansätze. (P.K.)
Richard Bach: DIE MÖWE JONATHAN
Ullstein Verlag, Berlin/Frankfurt/Wien 1989
"Es ist kaum vorstellbar, durch wie viele Leben wir hindurch mußten, bis wir verstanden, daß Leben mehr ist als Fressen und Kämpfen und eine Vormachtstellung im Schwarm einnehmen. Tausend Leben, zehntausend, und danach vielleicht noch hundert Leben, ehe uns die Erkenntnis aufdämmerte, daß es so etwas gibt wie Vollkommenheit, und dann nochmals hundert Leben, um endlich als Sinn des Lebens die Suche nach der Vollkommenheit zu sehen und zu verkündigen. Diese Regel gilt auch jetzt. Wir erlangen die nächste Welt nach dem, was wir in dieser gelernt haben. Lernen wir nichts hinzu, so wird unsere nächste Welt nicht anders sein als diese, sie bietet die gleichen Beschränkungen, und es gilt, die gleiche bleischwere Last zu überwinden.“
So wie die Möwe Jonathan strebt auch der Kampfkünstler nach Perfektion, nach geistiger Vollkommenheit durch körperliche Kunstfertigkeit. Der Körper ist nichts als Geist in sichtbarer Gestalt. Wer die Beschränktheit seines Denkens durchbricht, zerbricht damit auch die Fesseln des Körpers.
Die Geschichte von Jonathan beschreibt wundervoll den Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen, die Suche und das Streben nach höheren Zielen, das Finden und Durchschreiten – bzw. Durchfliegen – neuer Welten. Der Leser wird auf den Schwingen der Möwe Jonathan zu spirituellen Höhen getragen, die so eingängig, einleuchtend, leicht verständlich und bildhaft dargestellt werden, dass er mit Leichtigkeit mitfliegen kann und vielleicht sogar völlig neue Perspektiven erreicht. Nicht umsonst ist diese kleine Fabel mit einer Weltauflage von mehr als 5 Millionen eines der Kultbücher unserer Zeit. (P.K.)
Richard Bach: ILLUSIONEN - DIE ABENTEUER EINES MESSIAS WIDER WILLEN
Ullstein Verlag, Berlin/Frankfurt/Wien 1978
„Das Kennzeichen deiner Unwissenheit ist die Stärke deines Glaubens an Ungerechtigkeit und Unglück. -
Was für die Raupe das Ende der Welt ist, nennt der Meister einen Schmetterling.“
„Dein Gewissen ist das Maß der Aufrichtigkeit deiner Selbstsucht. Höre darauf.“
„Ihr alle seid Lernende, Handelnde, Lehrer. Deine einzige Verpflichtung im Leben ist, dir selbst treu zu bleiben.“
Ein guter Freund von mir hat nach dem Lesen der letzten Zeilen dieses Buches die Tränen nicht zurückhalten können. Ich selbst kann das sehr gut nachvollziehen. Es berührt den dafür empfänglichen Leser an einem empfindlichen Punkt, es fesselt, rüttelt, erschüttert ihn – und dann entlässt es ihn in die Ungewissheit. In die Freiheit .. vielleicht. Im Gegensatz zur Möwe Jonathan muss Richard (Autor und Ich-Erzähler) sich seinen Weg nicht allein durch die Welt der Illusionen suchen. In Shimoda findet er einen Lehrmeister und von eben diesem erhält er den „Leitfaden für Erlöser“ - ein Buch, das man bei Bedarf einfach aufschlagen muss und die aufgeschlagene Seite beinhaltet immer die passende Anleitung. Fabelhaft. Trotzdem stellt sich das Abenteuer für Richard und den Leser letztlich als nicht so leicht verdaulich heraus. Man stößt an seine Grenzen, als Messias wider Willen wie als Leser. (P.K.)
Samuel P. Huntington: KAMPF DER KULTUREN. DIE NEUGESTALTUNG DER WELTPOLITIK IM 21. JAHRHUNDERT
Goldmann Verlag, 7.Aufl., München 2002
„Ein Kulturkreis ist [hier] die größte kulturelle Einheit. Dörfer, Regionen, ethnische Gruppen, Nationalitäten, religiöse Gruppen besitzen, auf unter-schiedlichen Ebenen der kulturellen Heterogenität, ihre je eigene Kultur. Die Kultur eines süditalienischen Dorfes mag sich von der der eines nord-italienischen Dorfes unterscheiden, aber beiden wird eine gemeinsame italienische Kultur eigen sein, die sie von deutschen Dörfern unterscheidet. Europäische Gemeinschaften wiederum werden miteinander kulturelle Merkmale teilen, die sie von arabischen oder chinesischen Gemeinschaften unterscheiden. Araber, Chinesen und Westler jedoch gehören keiner noch allgemeineren kulturellen, Größe an. Sie bilden Kulturkreise. Ein Kulturkreis ist demnach die höchste kulturelle Gruppierung von Menschen und die allgemeinste Ebene kultureller Identität des Menschen unterhalb der Ebene, die den Menschen von anderen Lebenwesen unterscheidet. Sie definiert sich sowohl durch gemeinsame objektive Elemente wie Sprache, Geschichte, Religion, Sitten, Institutionen als auch durch die subjektive Identifikation der Menschen mit ihr. Menschen besitzen mehrere Ebenen der Identität: Ein Einwohner Roms kann sich mit unterschiedlichem Nachdruck als Römer, Italiener, Katholik, Christ, Europäer, Westler definieren. Dir Kultur, zu der er gehört, ist die allgemeinste Ebene der Identifikation, mit der er sich nachdrücklich identifiziert.
Huntington erklärt im Vorwort seines Bestsellers, dass der Artikel auf dessen Grundlage sein Buch entstanden ist, ein Fragezeichen im Titel enthielt - „The Clash of Civilizations ?“ - und dass dieses generell übersehene Fragezeichen den konstruktiven Versuch einer Hypothesenbildung bedeutet hätte. Der Buchtitel ist allerdings als Aussage formuliert: „Kampf der Kulturen.“ Punkt. Huntington versteht es meisterhaft, seine Argumente so hieb- und stichfest zu untermauern, dass man als Leser geneigt ist, sie sich aufdrängen zu lassen (wie auch die FAZ kommentierte, vor allem angesichts aktueller Konflikte). Huntingtons Ansätze und Thesen sind bis zu einem gewissen Punkt zweifellos schwer zu bestreiten, lediglich die finale Konsequenz die er daraus ableitet bleibt höchst zweifelhaft: dass die Welt zwangsläufig zerfällt in eine westliche, dominierende Kultur und den Rest bestehend aus allen anderen Kulturen, die "wenig bis gar nichts gemeinsam haben". Gerade die Tatsache, dass der Mensch mehrere Ebenen von (kultureller) Identität hat und diese unterschiedlich gewichten kann, spricht letztlich gegen die These des unumwindbaren Kampf der Kulturen.
Su'A'no-Ta Sujja: WERKMAPPEN ZUR MAGIE #2. SCHAMANISCHE MAGIE IM ALLTAG
Ralph Tegtmeier Verlag, Bad Münstereifel 1985
„Fast alle weißen Schüler der indianischen Schamanen, die ich bisher kennengelernt habe, waren "Traumtänzer". Aber sie waren es nicht in der indianischen Bedeutung dieses Wortes, sondern in der deutschen: Phantasten, Spinner. Tonalversager. Sie leben in einer Welt der Märchen und Illusionen, ohne Bezug zur alltäglichen Realität, und ohne wirklichen Nutzen aus ihren Träumen zu ziehen. Es klafft ein Abgrund zwischen dem, was sie vor sich hinträumen und phantasieren und ihrem Handeln. Das ist kein Schamanismus, sondern Flucht in die viel schönere Phantasiewelt, in der nichts von einem gefordert wird und man als der große Held, der wahre Eingeweihte dasteht. Aber wenn wir ein Gefühl der Leere, der so viel zitierten "Fremdbestimmung" in uns fühlen, ist uns jedes Mittel recht, um es zu bekämpfen.“
Mein Vater hat mir gegenüber manchmal die Befürchtung geäußert, ich würde mich immer mehr in diese Richtung entwickeln - zu einem Traumtänzer. Entgegen dieser Befürchtung hatte ich oftmals eher den Eindruck, ich würde immer wieder und permanent zurückgezogen in die Resignation und Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft, in der wir alle genug damit zu tun haben dem enormen Leistungsdruck gerecht zu werden, der auf uns lastet (wenn man mitspielt). Su'A'no-Ta beschreibt, wie es möglich ist einen „gesunden Mittelweg“ zu finden, seinen Platz zu finden - in beiden Welten - die Herausforderungen darin anzunehmen, nicht zu resignieren oder in Traumwelten zu flüchten. Er beschreibt, wie es möglich ist zu kämpfen, das Wissen um Kraft, Energien, Liebe, die Verbindung zwischen allen Menschen und der Umgebung, von Natur aus und „Gott-gegeben“ und das menschliche Potential auszuschöpfen. (P.K.)
Thorsten Havener: ICH WEISS WAS DU DENKST! - DAS GEHEIMNIS, GEDANKEN ZU LESEN
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009
„Das Wahrnehmungs-Experiment. Bitte nehmen Sie sich 30 Sekunden Zeit und sehen Sie sich in dem Raum um, in dem Sie sich gerade befinden. Bitte merken Sie sich in der nächsten halben Minute so viele blaue Gegenstände, wie Sie von Ihrem Platz aus sehen können. Lesen Sie erst dann weiter. Haben Sie viele blaue Gegenstände gesehen? Gut, dann nennen Sie mir jetzt bitte, ohne sich erneut umzuschauen, drei grüne Dinge aus demselben Raum. (…)
Mir scheint: Je älter wir werden, desto ungenauer beobachten wir. Meine Kinder dagegen sehen die unglaublichsten Dinge um sich herum und experimentieren ständig damit, Gegenstände zweckzuentfremden. Als Erwachsene tun wir das nicht mehr. Wir erkennen etwas und stimmen das Gesehene sofort mit unserer Erfahrung ab. Oft bemerken wir die Dinge dadurch nicht mehr als das, was sie wirklich sind, sondern kreieren unsere eigene Welt durch unsere ganz persönlichen Filter.“
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass es sich bei Haveners Buch weniger um eine Gebrauchsanweisung oder eine „How-To .. – Anleitung“ als viel-mehr um eine gewisse Hilfestellung, einen Erfahrungsbericht, eine Art Inspiration handelt. Der Autor beschreibt größtenteils verschiedene Wege die eigene Wahrnehmung zu schärfen, wachsam, sensibel und einfühlsam das Verhalten von Mitmenschen zu beobachten und zu analysieren, um letztlich die Fähigkeit zu erlangen, Menschen und ihre Gedanken zu lesen. Dazu gibt er sinnvolle Hinweise und auch kleine Übungen vor, aber er sagt nicht „Befolgen Sie diese drei-vier Schritte und - Voila! Schon können Sie Gedanken lesen.
Eine der angegebenen Übungen sieht so aus: Man sucht sich einen Partner, mit dem man den Versuch durchführen möchte. Vor dem Partner liegen mehrere verschiedene Gegenstände, z.B. ein Geldbeutel, ein Handy, ein Aschenbecher etc. Man lässt sich von seinem Partner mit dessen rechter Hand ganz locker an der eigenen Linken fassen. Dann wählt der Partner einen der Gegenstände aus und versucht, ihn sich vor seinem inneren Auge bildlich vorzustellen, ihn wortlos und nur in seinen Gedanken dem Gegenüber mitzuteilen. Wer es schafft, den richtigen Gegenstand zu „sehen“ bzw. zu empfangen – Glückwunsch! Der erste Schritt zum Gedankenleser ist getan. Mit Test-Partnern aus meinem Freundeskreis hat das Spiel nach anfänglichen Schwierigkeiten super funktioniert und auch mit anderen Menschen aus meinem Umfeld konnte ich gute Ergebnisse erzielen. Mittlerweile versuche ich, die Schwierigkeit zu erhöhen, meinen Partner beispielsweise an irgendein Tier, einen Gegenstand (der nicht auf dem Tisch liegt) oder irgendeine Person denken zu lassen …
Unabhängig vom tatsächlichen 'Gedanken-Lesen' ist Haveners Buch eine vortreffliche Anleitung, seinen Mitmenschen aufmerksamer zu begegnen und generell aufmerksamer und wachsamer durchs Leben zu gehen; sehr empfehlenswert demnach für jeden, der seine Wahrnehmung erweitern möchte und zu diesem Zweck auch einen Perspektivenwechsel nicht scheut. (P.K.)
Wolfgang J. Bekh: BAYRISCHE HELLSEHER. VOM MÜHLHIASL BIS ZUM IRLMAIER.
Ludwig Verlag, München 1991
Der Mühlhiasl hieß vermutlich Matthäus Lang (* 1753; † 1805 in Zwiesel) und war angeblich Weissager und Prophet, weswegen man ihn auch den Waldpropheten nannte (in Bezug auf den Bayrischen Wald). Seine bekanntesten Voraussagen sind wohl die eines kommenden letzten Krieges, den er als Zeit des „Bänke-abräumens“ bezeichnete. Er soll den ungefähren Beginn der beiden Weltkriege vorhergesagt haben. Das großflächige Absterben der geschwächten Bäume des bayrischen Waldes soll ebenfalls von ihm vorhergesagt worden sein.
Alois Irlmaier von Freilassing (* 08.06.1894 in Scharam/ Siegsdorf, Oberbayern; † 26.07.1959 in Freilassing) war von Beruf Brunnenbauer und wurde als Rutengänger und Hellseher berühmt. Irlmaier wird zugeschrieben, während des Zweiten Weltkriegs die Orte von Bombeneinschlägen und den Aufenthaltsort von Vermissten vorausgesagt zu haben. Außerdem wird ihm nachgesagt bei der Aufklärung von Verbrechen geholfen zu haben. In seinen Visionen beschreibt er unter anderem auch einen kommenden Dritten Weltkrieg und die Zeit danach. 1947 wurde er am Amtsgericht in Laufen wegen „unbefugter Ausübung von Hellseherei gegen Entgelt“ angeklagt jedoch aufgrund von Zeugenaussagen und Vorführung seiner Hellsichtigkeit freigesprochen.
Wenngleich der Mühlhials und der Irlmaier auch keine Kampfkünstler waren, sondern wohl vielmehr die Ruhe und Einsamkeit im Bayrischen Wald dazu geführt hat, dass der Geist der beiden Männer leer und offen und hellsichtig war .. oder vielleicht die wie auch immer geartete Verbundenheit mit „Gott“ ... In jedem Fall wird am Beispiel der beiden (und anderer bayrischer Hellseher) gezeigt, was ein ruhiger, offener, in-sich-gekehrter, wachsamer und fein-fühliger Geist so alles wahrnehmen kann. Aber auch Erörterungen über die Möglichkeit und Vorbedingung von Vorausahnungen sowie wissenschaftliche Stellungnahmen Prof. Dr. Hans Benders, Leiter des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg, sind in Bekhs Abhandlung zu finden. Für mich, dem Niederbayern zur Heimat wurde, eine interessante Lektüre; unabhängig davon sicherlich empfehlenswert für alle, die Interesse an historischen "Belegen" für Hellsichtigkeit haben. (P.K.)